Dicke Socken statt dicker Stromrechnung

Energiesparen wird seit langem gefordert, doch jetzt tut es not. Dafür sind nicht gleich große Investitionen und Umbauten nötig, auch kleine Schritte können viel bewirken.

Dieser Artikel entstand in Kooperation mit Lebensart, dem Magazin für nachhaltige Lebenskultur.

Dicke Socken statt dicker Stromrechnung
© Valeriia Miller // unsplash

Kurz nachdem die Messe „HausBau+EnergieSpar“ in Tulln gestartet war, bildeten sich an den Ständen für Photovoltaikanlagen, Hackschnitzel- und Pellets-Heizungen bereits Trauben von Menschen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die gestiegenen Energiepreise und das geplante Aus für Öl- und Gasheizungen motivieren viele, sich nach Alternativen zu fossilen Energieträgern umzuschauen.

Auch beim Messestand der Energie- und Umweltagentur hatten die Berater:innen reichlich zu tun. Wer Nachbarn oder Bekannte traf, fragte als Erstes: „Und, was macht‘s ihr?“ Andrang herrschte auch beim Stand der Wohnbauförderung, denn wer seinen alten Öl- oder Gas-Heizkessel durch ein Heizsystem mit erneuerbarer Energie ersetzen, eine Photovoltaikanlage installieren oder das Haus dämmen möchte, kann sich bis Ende des Jahres Förderungen von Land und Bund abholen. Am Ende des Messebesuchs waren die Taschen voll mit Broschüren und Prospekten und der Kopf rauchte. So manche:r ist vermutlich daheim erschöpft aufs Sofa gesunken und hat sich gedacht: Das ist mir alles zu anstrengend, zu teuer, zu verwirrend. Gudrun Buschbacher, Energieberaterin bei Die Umweltberatung, hat Tipps für den sanften Einstieg:

„Es gibt viele kleine Dinge, die man machen kann. Als Erstes muss man aus der Bequemlichkeit heraus.“

Bequem ist das, was man seit Jahren immer schon so macht. Vielleicht ohne darüber nachzudenken, weil man für eine Änderung einkaufen gehen oder die Leiter aus dem Keller holen müsste.

Gemeinsam Energie sparen

Leichter fällt es mit einem vergnüglichen Zugang zum Thema Energiesparen: Jedes Haushaltsmitglied nimmt sich einen Notizblock zur Hand und geht für 30 Minuten auf die Suche nach Energiesparmöglichkeiten. Wer am Schluss die längste Liste hat, bekommt das größte Stück vom Sonntagskuchen oder darf beim nächsten Kinobesuch den Film wählen (oder was auch immer Sie sich als Belohnung ausdenken). Den Schummelzettel dafür finden Sie gleich unter diesem Absatz. Sie selbst habe in ihrem Haushalt den Stromverbrauch dank all dieser kleinen Schritte auf 1.800 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr reduziert, verrät Buschbacher. Ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt verbraucht normalerweise 3.200 bis 4.000 kWh. Werfen Sie doch gleich einmal einen Blick auf Ihre Stromrechnung!

Schummelzettel für Energiespürnasen

Die Energie-Sparefrohs

Peter und Sabine, die in Rekawinkel in einer Wohnung in einem alten Haus wohnen, haben einen Verbrauch von nur 1.100 KWh, obwohl sie beide mindestens drei Tage die Woche daheim arbeiten. Allerdings kommt das Warmwasser während der Heizsaison aus der Holzzentralheizung und nur in der übrigen Zeit aus dem Elektroboiler. „Ich weiß nicht, was wir anders machen als andere“, sagt Peter. Die beiden sind in der Filmbranche tätig und haben deshalb einen großen Flachbildfernseher, ein Energiesparmodell allerdings, arbeiten auf Laptops, die sparsamer sind als ein Standcomputer mit externem Bildschirm, und haben für die Beleuchtung fast überall Energiespar- und LED-Lampen.

Weil ihr altes Auto kein Pickerl mehr bekam, haben sie jetzt ein Elektroauto gekauft, das sie für Einkäufe und andere Wege nutzen. Wenn immer möglich, fahren sie mit dem Rad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln und beide haben ein Klimaticket. Sobald lieferbar, bekommen sie eine Photovoltaikanlage, die pro Jahr bis zu 4.500 KWh Strom produzieren wird. Die überschüssige Energie werden sie ins Netz einspeisen.

Marcus und seine Familie, die in einem Einfamilienhaus in Niederösterreich wohnen, hatten Glück: Sie haben noch vor der Strompreiserhöhung eine Photovoltaikanlage samt Batteriespeicher angeschafft und produzieren seit einem Jahr Sonnenstrom auf ihrem südseitigen Dach. Die Motivation dafür war der hohe Stromverbrauch: Marcus ist selbstständiger IT-Dienstleister mit Homeoffice, seine Server müssen Tag und Nacht in Betrieb sein. Der Jahresstromverbrauch lag deshalb bei rund 4.300 KWh. Die Photovoltaikanlage samt Speicher hat rund 16.000 Euro gekostet, 13 Prozent davon wurden gefördert. Die Stromrechnung sei jetzt „fast nicht mehr vorhanden“. Die positive Nebenwirkung:

„Zur PV-Anlage bekommt man einen Smart-Meter dazu, der die Einspeisung der Überschüsse ins Netz steuert. Da siehst du immer den aktuellen Verbrauch und im Zug dessen habe ich gesehen, wie viel Strom Glühbirnen und Halogenlampen verbrauchen“,

erzählt Marcus. Die hat er durch LED ersetzt – für ein ganzes Haus eine größere Investition, die sich aufgrund des geringen Verbrauchs und der Langlebigkeit der Lampen aber auszahlt. Die Wärmepumpe für das Warmwasser wird nachts ausgeschaltet, Waschmaschine und Geschirrspüler laufen nach Möglichkeit dann, wenn die Sonne scheint. Vergangenes Jahr hat die Familie nur mehr 1.100 KWh Strom vom Netz bezogen und 2.400 KWh eingespeist.

Wer bei seinem Haus noch mehr investieren will und kann und auf erneuerbare Energie umsteigen möchte, sollte sich auf jeden Fall beraten lassen: Welche Heizungsart möglich und sinnvoll ist, hängt von vielen Faktoren ab, z. B. davon, aus welchen Materialien das Haus gebaut ist, welchen Grundriss es hat, wie viel Platz man für Heizmaterial hat, wie das Dach ausgerichtet ist und vieles mehr. Falls das Haus einen hohen Heizwärmebedarf hat, sollte es vor dem Wechsel unbedingt gedämmt werden.

Energie sparen als Mieter

In einer Wohnung, besonders in einer Mietwohnung, hat man weit weniger Möglichkeiten, den Heizenergiebedarf zu reduzieren – obwohl die Heizung einer der größten Energie-Kostenpunkte in österreichischen Haushalten ist. Doch auch da muss man nicht resignieren, wie das folgende Beispiel zeigt.

Dagmar und Robert wohnen mit ihrem Sohn in einer gemieteten Altbauwohnung in Wien. Wie 470.000 andere Mieter:innen in der Bundeshauptstadt haben sie eine Gasetagenheizung, die auch das Warmwasser produziert, und können diese nicht selbst durch eine preisgünstigere, klimaschonendere Wärmebereitung ersetzen. Sie können auch keine Photovoltaikanlage an die Hauswand montieren, das müsste der Hausbesitzer tun. Sehr wohl sparen sie jetzt aber Gas beim Heizen und Kochen auf einer Induktionskochplatte, die wenig Strom verbraucht und mit Solarstrom läuft. Das geht so: An ihrem Schrebergartenhaus im 22. Bezirk haben sie eine Photovoltaikanlage mit fünf Kilowattpeak Leistung montiert und schicken sozusagen den Strom zu ihrer Wohnung im 2. Bezirk. Das geht mithilfe der „Energy Friends“, einer Community, über die man Ökostrom an Nachbar:innen oder Freund:innen weitergeben oder von lokalen Produzent:innen beziehen kann.

Informationen

Energieberatungsstellen in Österreich:
www.klimaaktiv.at/service/beratung/energieberatung

Ökostrom kaufen und verkaufen:
Ökostromgemeinschat Energie Friends
www.efriends.at

Our Power – die Energiecooperative:
www.ourpower.coop



Die wichtigen Gesellschaftsthemen sind relevant.


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