Raus aus der Pflegekrise

Die Pflege ist zu einem drängenden Problem geworden. Wie die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) in einer Studie für das Sozialministerium berechnete, wird es in Österreich ab 2030 in der Langzeitpflege einen Bedarf an zusätzlich 34.200 Pflegekräften geben.

Pflegekräfte
© Wohnbuddy

Wenn man die zu erwartende Pensionierungswelle mit einbezieht, fehlen in Summe 75.700 Personen bis 2030. Zugleich sinkt der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung. Das heißt, der wachsenden Anzahl an pflegebedürftigen Menschen stehen immer weniger Jugendliche in Ausbildungen, und damit potenziellen Arbeitskräfte, gegenüber.

Was wie ein unlösbares Problem anmutet, sehen manche als Herausforderung: Vier sehr unterschiedliche Zugänge zeigen, wie der Mangel an Pflegekräften ausgeglichen werden könnte.

Wohnbuddy: Gemeinsamer Wohnraum für Jung und Alt

Pflege
Wo junge und alte Menschen zusammenleben: Die Wiener Plattform Wohnbuddy vermittelt private Wohngemeinschaften für Jung und Alt. © Wohnbuddy

Wo junge und alte Menschen zusammenleben: Die Wiener Plattform Wohnbuddy vermittelt private Wohngemeinschaften für Jung und Alt. Auf der Homepage kann man ein Zimmer suchen oder anbieten. Der Gedanke dahinter: Junge Menschen finden erschwinglichen Wohnraum, Senioren freuen sich über Gesellschaft. Eine klassische Win-Win-Situation. Zusätzlich ermöglicht Wohnbuddy neue Formen des Zusammenlebens in Wiener Senioren- und Pflegewohnhäusern, wo das Projekt freistehende Zimmer für junge Menschen günstig zur Verfügung stellt. Möglich macht das WGE!, ein Unternehmen, das Wohnraum nachhaltig und über Generationen hinweg nutzen möchte.

Auch wenn die jungen Leute keine Pflegeausbildung haben, unterstützen sie ihre Mitbewohner:innen auf vielfältige Weise: „Das Wohnbuddy-Konzept sehen wir als eine ideale Lösung für unsere alternde Gesellschaft. Es unterstützt ältere Menschen darin, autonom daheim leben zu können und stärkt die Solidarität zwischen den Generationen“, sagt Marlene Welzl von Wohnbuddy.

Ausschlaggebend ist neben der physischen Pflege ein Element der psychischen Unterstützung.

Madlene Welzl

Höhere Lehranstalt für Sozialbetreeuung und Pflege: Mit Matura zur Pflege

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Seit Herbst 2020 läuft eine fünfjährige Pflegeausbildung mit Matura als Schulversuch. © Caritas Steiermark.

Bei der Ausbildung von Pflegekräften hinkt Österreich hinterher: OECD-Daten zufolge werden in Österreich pro 100.000 Einwohner 34,5 Pflegekräfte ausgebildet, während es im OECD-Schnitt 43,6 und in Deutschland 54,5 sind. Neue Ausbildungswege sollen den Mangel nun beheben.

Seit Herbst 2020 läuft in Graz eine fünfjährige Pflegeausbildung mit Matura als Schulversuch. Die Höhere Lehranstalt für Sozialbetreuung und Pflege ist eine Ausbildungsstätte der Caritas Steiermark. Auch in Wien und Kärnten bietet die Caritas dieselben Schulversuche an. 

Bisher dauerte die Ausbildung zur Pflegefachassistenz drei Jahre und konnte nicht direkt im Anschluss an die Pflichtschule begonnen werden, sondern erst mit 17 Jahren. „Ich glaube, dass wir viele Jugendliche auf dem Weg verloren haben.“, so Birigt Poier, Schulleiterin der Höheren Lehranstalt für Sozialbetreuung und Pflege in Graz. In den ersten beiden Jahren sieht der Lehrplan Theorie und Schnupperpraktika vor, danach beginnt man mit den berufsbezogenen Praktika.

Ich glaube, dass wir viele Jugendliche auf dem Weg verloren haben.

Birigt Poier, Schulleiterin der Höheren Lehranstalt für Sozialbetreuung und Pflege in Graz

Pflegeservice Burgenland GmbH: Anstellung für pflegende Angehörige im Burgenland

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Im Burgenland können pflegende Angehörige angestellt werden. © Land Pflegeservice Burgenland GmbH/Carmen Neumann-Strobl

Im Burgenland können sich Menschen, die Angehörige zuhause pflegen, anstellen lassen – ein in Österreich einmaliges Angebot. Möglich macht das die 2019 gegründete Pflegeservice Burgenland GmbH.

Angehörige von Betroffenen, die Pflegegeld der Stufe 3 oder höher beziehen, können dieses Angebot in Anspruch nehmen. Je nach Schwere der Beeinträchtigung beträgt der Rahmen 20, 30 oder 40 Wochenstunden. Angestellte müssen eine zwölfmonatige Grundausbildung für die Betreuung pflegebedürftiger Personen absolvieren. Diese ist kostenlos, wenn es eine Förderzusage des Landes gibt.

Mit 1. März 2023 waren es 273 pflegende Angehörige, die das Anstellungsmodell in Anspruch genommen haben.

sagt Benjamin Heidinger von der Burgenland Kommunikation. Seit dem Start 2019 sind bereits über 470 Anträge eingelangt.

Sollte die Anstellung enden, bevor die Ausbildung abgeschlossen werden konnte, besteht die Möglichkeit, sich gefördert zur Heimhilfe aufschulen zu lassen. „Dazu gibt es in allen Bezirken unsere Pflege- und ServiceberaterInnen, die bestens vernetzt sind und alle Angebote und Einrichtungen kennen“, sagt Klaudia Friedl, Geschäftsführerin des Pflegeservice Bundesland. 

mitpflegeleben.de: Pflegeberatung digital

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mitpflegeleben.de „die Pfandfinder im Pflegedschungel“ bieten Informationen und Hilfestellungen für pflegende Angehörige © Screenshot

Pflegende Angehörige sind oft überfordert, die deutsche Online-Plattform mitpflegeleben.de bietet digitale Beratung mit vielen Infos rund um die Pflege.

Wer auf der Suche nach Informationen ist, kann online verschiedene Fragen zur Situation beantworten. Man erhält im Anschluss dann die dafür passenden Antworten. Dazu gibt es Vermittlung und Vergleich von Pflege- und Wohnangeboten, Checklisten und Formularhilfen sowie Vergleich von verschiedenen Pflegehilfsmitteln mit der Info, wo es sie zu kaufen gibt.

Hinter der Beratungsplattform steht die Gesellschaft der freien Wohlfahrtspflege wie Johanniter, Diakonie oder Caritas getragene mitunsleben GmbH, welche digitale Lösungen für die Sozialwirtschaft anbietet.



Mit dem Format „1 Problem 4 Lösungen“ berichten wir gezielt über wirkungsvolle Initiativen, die gesellschaftliche Herausforderungen von unterschiedlichen Seiten bearbeiten und dazu beitragen, die Welt lebenswerter und zukunftsfähiger zu machen. Ganz oft werden dies Social Entrepreneurs sein.

„Social Entrepreneurship versucht, die Potenziale von Menschen für innovative Lösungsansätze zu nutzen, deren Gemeinsamkeit ein unternehmerischer Ansatz ist. Social Entrepreneurship bietet – neben staatlich organisierter Hilfe auf der einen und zivilgesellschaftlichem Engagement auf der anderen Seite – einen dritten Weg zur Lösung gesellschaftlicher Probleme.“

SENA – Social Entrepreneurship Network Austria


In Österreich steht Ende dieses Jahres mit „Alles Clara“ eine App zur Verfügung, die pflegenden Angehörigen per Chat mit professionellem Rat zur Seite steht. Mehr dazu hier.


Die wichtigen Gesellschaftsthemen sind relevant.


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