Wie frau die Armut umprogrammiert

Die Softwareentwicklerin Regina Honu bildet in Slums lebende Mädchen und Frauen kostenlos für IT-Berufe aus. Ihr Programm ist so erfolgreich, dass CNN sie den Tech Guru aus Ghana nannte.

Regina Honu

Sie ist ein Star in Afrika. Die IT-Unternehmerin aus Ghana hat bis dato rund 30.000 Mädchen aus den Slums kostenlos zu Internetprofis ausgebildet, und sie hat Antworten auf die Fragen: Wie hilft man den Armen? Wie hilft man den Frauen? Wie hilft man sich selbst?

Um mit der letzten Frage zu beginnen: Regina Honu half sich selbst, indem sie auf sich selbst hörte. Und nicht auf ihren Vater. Der wollte, dass sie Medizin studiert und Ärztin wird, was in der ghanaischen Mittelschicht als ein angemessener Beruf für Frauen gilt. In Afrika machen Töchter in der Regel das, was ihr Vater will, aber als sie mit elf Jahren ihren ersten Computer bekam und darauf Pacman zu spielen begann, gefiel ihr das Design des Spiels nicht. Es war damals noch schwarzweiß und sie wollte es bunt. Dafür musst du programmieren lernen, sagte man ihr. Aber das ist nichts für Mädchen, sagte man ihr.  

Man sagt viel, wenn der Tag lang ist, und wer drauf hört, wird nie seinen eigenen Weg gehen. Nach der High School studierte Regina nicht Medizin, sondern Softwareentwicklung an der Ashesi University und konnte nun Pacman in ihre Lieblingsfarben umprogrammieren und bei einer Bank anheuern. Alle ihre Kollegen waren Männer. Und alle Männer sagten, wenn es um berufliche Herausforderungen ging: Das machen wir, das können Frauen nicht. Verständlich, dass Regina das auf die Nerven fiel. 

Sie kündigte und machte ihr eigenes Ding. Soronko Academy, eine kommerzielle Schule, die für IT-Berufe ausbildet. Als wir einen Blick auf die Homepage des Unternehmens warfen, mussten wir lächeln. Alle Führungskräfte sind Frauen. Alle anderen Mitarbeitenden eigentlich auch. Nur einen Mann fanden wir: den Groundmanager. Das ist ein sehr barmherziges Wort für Hausmeister. Sorononko Academy ist ein Erfolgsrezept. Das seit 2014 ihr Hilfsprogramm Soronko Solutions finanziert. Die Reichen zahlen, die Armen bekommen die Kurse geschenkt. 

Noch einmal: 30.000 Mädchen aus den Slums hat sie bis dato kostenlos ausgebildet. Das blieb nicht unbemerkt. CNN nannte sie einen ghanaischen Tech Guru und eine der zwölf inspirierendsten Frauen in der Computer Welt, die BBC zählte sie zu den zehn wichtigsten Unternehmerinnen Afrikas, die Deutsche Welle, AlJazeera, die Bill and Melinda Gates Foundation, sie alle entdecken Regina Honu und feierten sie, weil sie Antworten auf die Frage hatte, wie man hilft. 

Soronko Academy

Wie man nicht hilft, konnte man vor Jahren in Burkina Faso sehen. Ein deutscher Künstler wollte dort quasi mitten in der Wildnis ein Opernhaus bauen. Dafür hatte er Gelder aufgetrieben und bei der Grundsteinlegung den Boden vor Ort umarmt. Es wurde nichts daraus. Er starb zu früh. Außer ein paar Mauern ohne Dach und Ziegen gab es da nichts zu sehen. Aber selbst wenn was daraus geworden wäre, hätten sich die Menschen vor Ort, die damals dazu interviewt wurden, nur bedingt gefreut. Schulen, Krankenhäuser und Straßen, die zu ihnen führen, standen ganz oben auf ihrer Wunschliste und ganz unten stand, wenn überhaupt, ein Opernhaus. 

Wir konfrontieren Regina Honu mit diesem zugegebenermaßen extremen Beispiel für vergebliche Liebesmüh zum Auftakt unseres Interviews in der Lobby des magdas Hotel in Wien, nicht um sie zu provozieren, sondern um sie aufzuheitern. Sie hat gerade einen achtstündigen Flug hinter sich, morgen wird sie als Keynote-Speakerin auf einem Event der internationalen NGO Ashoka ihre Antworten vorstellen, und heute könnte sie sich ein wenig ausruhen, wenn wir nicht wären. Indra und ich. Das Team von relevant. Aber es hat geklappt. Regina lacht. 

relevant: Das Opernhaus im Busch war natürlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt, aber es gibt ja auch jede Menge sinnvolle Hilfsprojekte in Afrika, die nicht funktionieren. In Ihrer Heimat, in Ghana, hat eine Deutsche eine Korbflechterinnen-Kooperative gegründet. Frauen aus einem guten Dutzend Dörfern flochten Körbe, welche die Deutsche weltweit und teuer verkaufte. Sie selbst  profitierte nicht davon, der ganze Gewinn sollte in die Dörfer gehen. Es funktionierte nicht, weil für die Dorfbewohner nur schnelles Geld richtiges Geld war. Statt die Ware, die sie mit den Vorschüssen der Deutschen produziert hatten, in den Export zu geben, verkauften sie die Körbe billig auf dem nächstbesten Markt. Und so lief das natürlich auf Dauer nicht. Was war falsch an dieser Hilfe?

Regina Honu: Das ist interessant und ich denke, dass darüber auch berichtet wird. Schließlich geht es um die Frage, wie Hilfe geleistet wird und warum es immer noch so viele arme Menschen gibt, richtig? Viele Leute kommen also mit der Idee, dass sie etwas bewirken wollen, ohne die Menschen, die Kultur und die sozialen Bedingungen zu verstehen. Wie kann es sein, dass eine gute, einfache Idee dann sehr kompliziert wird?

Auch in meinem Programm mussten wir ganz von vorne beginnen und als erstes unsere Denkweise ändern. Das war unsere erste Hürde.
So sehr ich die Technologie auch als Chance sah, haben diejenigen, die profitieren würden das zunächst nicht erkannt.

Und sie konnten sich nicht vorstellen, dass unser Programm gut für Frauen und Mädchen sei, denn das Narrativ besagt, dass eine Frau in der Familie sein soll und sich um die Kinder und all das kümmert.

Sie investieren in die Jungen, weil sie glauben, dass die jungen Männer das Geld verdienen und für die Familie sorgen werden. Es ist so komisch, wissen Sie, obwohl sich die Welt verändert hat, oder? Aber man hat immer noch die kulturelle Vorstellung, dass die Küche ein Ort für Frauen ist. Das war also unser erstes Hindernis für einen Mindset Change, die Änderung der Denkweise. Und dann ging es darum, Verbündete zu finden, die uns unterstützen würden.

Wenn wir also in eine Gemeinde gehen, müssen wir die Zustimmung der Gemeindevorsteher einholen, die unsere Arbeit unterstützen, denn ohne sie einzubeziehen, werden sie das Projekt ruinieren, richtig? Sie vergiften die Meinung der Leute über das Projekt.

Als ich in den Slum von Accra ging, war ich fest entschlossen, den Mädchen digitale Fähigkeiten beizubringen, um ihnen zu helfen, ihre Stimme zu finden, ihre Ausbildung fortzusetzen und Jobs zu finden, weil ich glaube, dass die Technologie ihr Leben verändern kann.

Die Herausforderung bestand darin, das Programm den Vätern der Mädchen zu erklären, denn die Väter sind die Entscheidungsträger, wissen Sie.

relevant: Und wie konnten Sie überzeugen?

Regina Honu: Ich erinnere mich, dass wir eine Broschüre hatten, in der stand, dass ein Mädchen nach unserer IT-Ausbildung, sagen wir, 200 $ im Monat verdienen kann. Und die Eltern sagten: „Wow, wirklich?!“ Und Sie wissen ja, dass die wirtschaftliche Komponente immer die Grundlage für alles ist, oder?

relevant: Nachdem ihr Programm weltweit bekannt geworden ist, bieten internationale Organisationen Unterstützung an. Wie geht es Ihnen damit?

Regina Honu: Wissen Sie, ich habe ein aktuelles Problem. Wir arbeiten mit einer internationalen Organisation zusammen und es ist sehr schwierig, wenn sie hier ankommen und wir ihnen erklären, wie das Leben bei uns ist und wie man da mit welchen Mitteln etwas bewirken kann.

Dann sagen sie nein, wir machen das, wie wir es immer machen, überall in Afrika. Aber wissen Sie, Kenia ist nicht Ghana, Nigeria ist nicht Ghana. Das ist meiner Meinung nach etwas, das insbesondere internationale Organisationen verstehen müssen. Sie müssen das Problem aus dem lokalen Kontext verstehen. Obwohl wir alle Afrikaner sind und ähnliche Probleme haben, gibt es Unterschiede, richtig.

Aber manche Leute kommen nach Afrika und kommen trotzdem nie an, denn sie hören nicht zu. Also musste ich mich tatsächlich aus dieser Partnerschaft zurückziehen. Und ich dachte, man kann nicht nach Ghana kommen, um sein eigenes Problem zu lösen oder jemandem etwas geben, was er nicht braucht.

Soronko Academy

relevant: Eigene Lösungen für eigene Probleme?

Regina: Wenn wir unsere eigenen Lösungen finden, setzen wir uns anders ein, wir bleiben ja, sind anders involviert. Einfach ist es nicht. Wenn ich keine Afrikanerin wäre, hätte ich wahrscheinlich aufgegeben angesichts der Probleme mit der Regierung, mit den Menschen, mit den verschiedenen Interessengruppen.

Das ist auch deshalb so wichtig, weil dann die Leidenschaft und der Grund, weiterzumachen, noch größer sind. Selbst wenn man sich mit so vielen Herausforderungen herumschlägt und versucht, etwas zu bewirken.

Aber weil du Teil des Lebens in der Gemeinschaft bist und es besser machen willst, bleibst du dabei.

relevant: Nochmal zu dem gescheiterten Hilfsprogramm, von dem wir eben sprachen. Eine Deutsche in Ghana kam also auf die Idee, die Frauen Körbe flechten zu lassen, denn sie dachte, dass die Afrikanerinnen das am besten können, weil sie es schon immer gemacht haben. Eine Ghanesin dagegen zeigt ihnen, wie man mit Computern Geld verdienen kann. Das erinnert uns an Indien.

Jahrzehntelang hinkte die technische Entwicklung dort dem Westen hinterher, und dann sprangen sie plötzlich von den frühindustriellen Verhältnissen direkt ins Internet und sind plötzlich ganz vorn. Sie arbeiten gut damit. Kann Ghana das auch?

Regina Honu: Auf jeden Fall, ja. Unsere Regierung ist derzeit sehr an der Digitalisierung interessiert. Unser Vizepräsident hat mehrere Initiativen ergriffen, und er interessiert sich für all diese verschiedenen Projekte, die Ghana im digitalen Bereich durchführt. Sie investieren Geld in die Infrastruktur für die Konnektivität. Und auch viele Telekommunikationsunternehmen investieren in das mobile Internet. Und viele Menschen sind mit ihrem Mobiltelefon online.

relevant: Die Handys sind Afrikas Trommeln 2.0 oder?

Regina Honu (lacht schon wieder): Ja, und wir zeigen den Mädchen, wie sie in diesem Umfeld Geld verdienen können. Die Kurse dauern sechs bis acht Wochen. In dieser Zeit bringen wir ihnen nicht die gesamte Webentwicklung bei, sondern zum Beispiel, wie sie mit WordPress eine Website erstellen oder wir zeigen ihnen, wie sie mit Canva und ähnlichen Anwendungen arbeiten, Flyer gestalten und ähnliches. Wir bringen ihnen Python (eine Programmiersprache) und Datenanalyse bei, so dass sie nach sechs Wochen entweder selbstständig arbeiten oder einen Job bekommen können.

relevant: Machen sich die Frauen auch selbstständig?

Regina Honu: Während Covid sind zum Beispiel Lieferdienste sehr populär geworden. Die Frauen erstellen jetzt einfach einen WhatsApp-Katalog, weil sie viel WhatsApp verwenden. Ich habe also diese Tasche bei mir zu Hause, die ich verkaufen will, mache ein gutes Foto mit meinem Telefon und biete sie in den sozialen Netzwerken an. Die Leute werden mich mit mobilem Geld bezahlen. Ich gebe die Tasche einem Lieferfahrer und das war’s.

Ich brauche keinen Laden mehr, um etwas zu verkaufen.

Um ein Unternehmen zu gründen, bedarf es nicht mehr dieser anfänglich hohen Kapitalinvestition. Da viele Frauen Geschäfte auf diese Weise tätigen, müssen sie lediglich wissen, wie Sie ein gutes Foto Ihres Produkts machen und wie Sie es vermarkten. Sie müssen wissen, wie man einen guten Preis festlegt und wie man dann mit mobilem Geld arbeitet. Es macht wirklich einen Unterschied und Sie werden feststellen, dass die Frauen eine Menge Geschäfte machen.

relevant: Sie legen bei der Ausbildung der Mädchen nicht nur Wert auf die Hard Skills, also auf das reine Fachwissen, sondern auch auf die Soft Skills, das Sozialverhalten. Warum?

Regina Honu: Wir legen großen Wert auf Soft Skills, denn ghanaische Mädchen werden dazu erzogen, sympathisch und umgänglich zu sein. Sie sagen dir also nicht, was sie fühlen, sondern das, was du hören willst. Und sie sollen nur lächeln und dann nichts beitragen. Sie wollen keine Mädchen, die viel reden, oder? Und deshalb fällt es ihnen sogar schwer, Augenkontakt zu halten.

Wenn Sie mich am Anfang, also als durchschnittliches ghanaisches Mädchen, getroffen hätten, würde ich nicht so mit Ihnen reden, wie ich es gerade tue. Wissen Sie, ich könnte Ihnen auf keinen Fall in die Augen sehen, und es ist schwierig, in einem von Männern dominierten Bereich wie der IT-Branche zurechtzukommen und keine Stimme zu haben. Die Männer würden sie einfach in eine Ecke stellen und alles selber machen.

Deshalb war es für uns sehr wichtig, dass wir an den Soft Skills arbeiten, um den Mädchen Selbstvertrauen beizubringen, ihnen zu helfen, ihre Stimme zu entwickeln und auch ein dickes Fell zu haben, denn man hat es mit vielen Leuten zu tun, die einem sagen, es sei zu schwierig, sogar die Eltern werden dich entmutigen.

Frauen in Ghana tendieren dazu, bei der ersten Herausforderung aufzugeben, darum müssen sie lernen, Rückschläge und Widerstände auszuhalten.

Das Leben besteht aus Höhen und Tiefen, aber das Wichtigste ist, was passiert, wenn du unten bist: Wie du wieder aufstehst, richtig?

relevant: Und wie erfolgreich ist das Programm, wissen Sie etwas darüber, wie viele von den Mädchen und Frauen jetzt im Berufsleben stehen?

Regina Honu: Wir begannen 2017 mit der Arbeit mit jungen Frauen zwischen 18 und 35 Jahren und konzentrierten uns zunächst auf die Ausbildung. 2021 begannen wir, sie auch zu vermitteln und ihnen bei der Jobsuche zu helfen. Denn vorher dachten wir, dass es ausreicht, wenn wir sie ausbilden. Aber wir haben gemerkt, dass es immer noch einige Hürden für sie gibt, um einen Job zu bekommen. Man muss den Arbeitgeber davon überzeugen, eine Frau einzustellen, und die Frauen und Mädchen müssen ihr Selbstvertrauen aufbauen. Also haben wir begonnen, aktiv daran zu arbeiten, ihnen einen Arbeitsplatz zu verschaffen. So haben wir bis heute 813 Frauen vermittelt.

Soronko Academy

relevant: Mädchen und Technik, Frauen und Mathematik, das ist nicht nur in Ghana ein schwieriges Thema. Laut einer neuen Studie sehen in Österreich die Hälfte aller Mädchen keine Zukunft in diesen Berufen. Mathematik ist für sie einfach nicht attraktiv.

Regina Honu: Ja, und darum gehen coole Kids nicht in die Technik, und das müssen wir ändern. Dafür sind sichtbare Vorbilder, die zeigen, dass es cool sein kann und Spaß macht, wichtig. Das Klischee der Mathe-Professorin, die wahrscheinlich ihr Haar komisch trägt, altmodisch rüberkommt und aussieht, als ob sie kein Gespräch führen kann, ist nicht attraktiv.

Außerdem gibt es eine Menge Informationen in den Medien, die Dinge wie Mode und Ähnliches verherrlichen, so als ob nur das etwas für Mädchen wäre. Und Technik scheint eher etwas für Jungen zu sein, oder?

Wir brauchen also auf jeden Fall sichtbare Vorbilder und müssen den Mädchen zeigen, wie sie ihre Leidenschaft oder ihr Interesse mit Hilfe der Technik ausdrücken können. Es ist also ein Werkzeug.

Wir müssen ihnen nicht nur zeigen, dass man Technologie für so viele coole Dinge nutzen kann, sondern ihnen auch auf coole Weise beibringen, wie Technologie funktioniert. Ich finde es so langweilig, wie es traditionell erklärt wird. So viele Nullen und Einsen, oh mein Gott!

relevant: Stimmt es, dass Sie eine neue Sprache gefunden haben, um die Mädchen im Programmieren zu unterrichten?

Regina Honu: Ja, wir unterrichten zum Beispiel gern mit einem beliebten Tanz. Er heißt Azonto. Bei den Algorithmen geht es um eine Reihe von Schritten, die eine Aufgabe erfüllen. Um Azonto zu tanzen, muss man ebenfalls eine Reihe von Schritten ausführen. Auf diese Weise bringen wir den Mädchen Algorithmen bei. Damit es Spaß macht.

relevant: Wie alt sollten die Mädchen sein? Wie früh können sie damit beginnen?

Regina Honu: So früh wie möglich.

Ich war elf, als ich mich fürs Programmieren zu interessieren begann, aber es gab kein Programm für Mädchen, es gab nichts, wo ich es lernen konnte, also wartete ich damit bis ich 21 war.

Und ich dachte, wenn ich schon ab elf etwas mehr Erfahrung und Training gesammelt hätte, stell dir vor, wozu ich dann mit 21 fähig gewesen wäre. Ich habe dann die Ausbildung zur Softwareentwicklerin gemacht und war danach mit der Realität im Berufsalltag konfrontiert. Es gab viele Möglichkeiten Geld zu verdienen, aber ich war gleichzeitig einer Menge Diskriminierung, Stereotypen und Sexismus ausgesetzt.

Und an einem Punkt hatte ich einfach genug, habe gekündigt und mich selbständig gemacht. Dann sagte ich mir, ich werde das Leben eines Mädchens verändern, das war mein Ziel. Und als dies gelang, sagte ich mir:

Okay, ich habe ihr Leben verändert, jetzt lass mich das Leben eines anderen Mädchens verändern, und so fing es an.

relevant: Schritt für Schritt.

Regina Honu: Ja, Schritt für Schritt. Ich habe mich nicht hingesetzt und gesagt: Oh, eines Tages möchte ich dies und das tun. Und ich habe mich nie als Unternehmerin gesehen. No no no, es ging einfach Schritt für Schritt. Ich bin weiter gewachsen und habe gelernt, jede noch so kleine Chance zu maximieren.

Als ich mein Unternehmen gründete, gab ich ihm einen lokalen Namen. Aber ich wollte auch die Erzählungen des Kontinents ändern. Wenn wir also unsere Projekte in den Sozialen Medien vorstellen, dann fotografierten wir nur die Lösungen, nicht das Problem.

So wurde CNN auf uns aufmerksam: Sie suchten Geschichten vom Kontinent. Damals hatte ich noch keine Website und mir wurde klar, dass ich eine brauche, denn wenn die Leute nach der CNN-Ausstrahlung der Sache nachgehen wollen und nichts finden, werden sie mich vergessen. Ich habe also eine Website erstellt, und nach dem CNN-Interview änderte sich mein Leben, weil ich von einem lokalen Player auf eine internationale Bühne wechselte. Ich denke, das sind die Dinge, die mir geholfen haben: strategisch vorzugehen und meine Geschichte erzählen zu können.

Es gibt viele Leute, die großartige Arbeit leisten, aber nicht in der Lage sind, ihre Geschichten zu erzählen.

relevant: Bringen Sie auch das den Mädchen bei?

Regina Honu: Natürlich, Storytelling ist relevant.

relevant: Herzlichen Dank

Das Interview führten Indra Jäger und Helge Timmerberg.

Fotocredits: Soronko Academy

Weiterlesen: Beim ersten Kontakt von relevant. mit Helge Timmerberg war dieser unser Interviewpartner. In Cannabis, legal aber wie? schildert er seine Eindrücke aus Ländern, in denen Cannabis legalisiert wurde und die er in seinem aktuellen Buch „Joint-Adventure“ beschreibt.


Die wichtigen Gesellschaftsthemen sind relevant.


4 Antworten zu „Wie frau die Armut umprogrammiert“

  1. Avatar von Sofasophia
    Sofasophia

    Wie ermutigend! Danke für diesen Text.

    Ich würde euch gern folgen, aber ihr habt ja gar keinen Fediverse-Account (Mastodon, Firefish oder so). Dafür noch immer einen bei X. Ich fände es relevant, wenn ihr auch im Fediverse wärt.

    1. Avatar von Indra Jäger
      Indra Jäger

      Vielen Dank für das schöne Feedback – wir sind ein kleines Team und konzentrieren uns aktuell auf Instagram und Linkedin- wir arbeiten dran (Account gemacht) und freuen uns, Dich hier oder dort zu treffen ;).
      Grüsse aus Wien,
      Indra

  2. Avatar von Lea
    Lea

    Tolle Initiative von Regina Honu und danke, dass ihr darüber berichtet. Ich würde mir dennoch wünschen, dass ihr Euch näher mit Rassismus und Afrika-Stereotypen befasst. Alice Hasters, Tupoka Ogette und „How to write about Africa“ von Binyawanga Wainaina sind z.B. sehr lesenswert. Ich bin fassungslos über Sätze wie „Handy als Trommel 2.0“ (Ghana hat auf dem Land ein besseres Mobilfunknetz als Deutschland), „in Afrika müssen Töchter auf das hören, was ihre Väter sagen“. Ehm, auch hier: erstens sind die 54 Länder Afrikas sind durchaus kulturell verschieden. Zweitens begegnet ihr in Ghana in Führungspositionen vermutlich deutlich häufiger Frauen als in Deutschland. Auch Rwanda weist eine hohe Zahl von Frauen z.B. in politischen Ämtern auf. Nur weil ein Land in Afrika liegt und ein niedrigeres BIP hat als x, ist es in puncto Patriarchat bei weitem nicht so rückständig wie Westeuropa. Kurzum, ich würde mich freuen, wenn ihr differenzierter berichtet und in Interviews offene Fragen ohne versteckte Rassismen stellt.

    1. Avatar von Indra Jäger
      Indra Jäger

      Hallo Lea, da hast Du Recht. Die von Dir angesprochenen Formulierungen sind nicht sensibel gewählt und können ein stereotypes Afrikabild mit versteckten Rassismen vermitteln.

      Wir haben uns ehrlicherweise im Vorfeld viele Gedanken darüber gemacht, ob wir den Austausch so publizieren sollen, wie er stattgefunden hat. Das Interview wurde ganz offen geführt, mit allen unseren Stereotypen und verinnerlichten Vorurteilen, die wir mit an den Tisch bringen.

      Speziell die von Dir erwähnte Formulierung “Handy als Trommel 2.0” fanden auch wir zunächst bedenklich. Und haben uns dann entschieden, sie als stilistische Spitze, die auf eben jenes von Dir kritisierte Klischee anspielt, einzusetzen, um uns von unserem Gegenüber eines besseren belehren zu lassen: Welche Bedeutung hat Mobilfunk in Ghana und wie tragen technische Möglichkeiten dazu bei, die Situation von Frauen zu verbessern.

      Auch wir wünschen uns einen differenzierteren Diskurs und sind uns bewusst, dass unser Autor, der als Journalist der alten Schule zahlreiche Länder besucht hat, hier mitunter plakativ und nicht immer ganz angemessen formuliert (so ist z.B auch die Rede von Slums, was korrekterweise strukturschwache Gebiete oder unterprivilegierte Gemeinschaften heißen sollte).

      Aussagen wie “die afrikanischen Väter” pauschalisieren – nachdem jedoch der Inhalt des Interviews darüber hinaus ein differenziertes Bild, frei von Rassismen zeichnet, haben wir solche Pauschalisierungen in Kauf genommen. Regina Honu erzählte uns von Ihren Erfahrungen, Frauen in Ghana und Burkina Faso in technischen Berufen auszubilden und sie schildert, dass sie gelernt hat, dass eine Hürde besteht, wenn die Väter da nicht mitspielen.

      Danke für Deinen Kommentar, wir nehmen Deine Kritik absolut ernst und werden zukünftig wohl anders entscheiden.

      Liebe Grüße,
      Indra

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